Nachfrageüberhang verringert sich

Wohnungsneubau
20.11.2019

 
Die hohe Wohnungsneubautätigkeit in der Bundeshauptstadt führt zu längeren Vermarktungszeiten. Zeitgleich drängen immer mehr institutionelle Anleger in das Wohnsegment, wie EHL in seinem aktuellen Bericht zum Wiener Wohnungsmarkt berichtet. 
Das Wohnprojekt der Haring Group in der Erzherzog-Karl-Straße 105–107 soll bis Ende 2019 fertiggestellt werden und 143 Mietwohnungen umfassen.

Im Sommerquartal 2019 entwickelte sich der Wiener Wohnungsmarkt weitgehend so, wie nach dem guten ersten Halbjahr zu erwarten war: Die Nachfrage blieb weiterhin stark, die beachtliche Zahl neuer Wohnungen, die im bisherigen Jahresverlauf fertiggestellt wurde, konnte vom Markt problemlos aufgenommen werden, und die Mieten und Kaufpreise stiegen weiterhin moderat an.
Die im Vergleich zu den Vorjahren deutlich höhere Zahl neuer Wohnungen führt dazu, dass der über mehrere Jahre hinweg aufgebaute Nachfrageüberhang nach und nach verringert wird. Die meisten Eigentumswohnungsprojekte im dominierenden mittleren Preissegment sind zwar weiterhin deutlich vor Fertigstellung großteils verwertet, doch wird der Zeitabstand zwischen Fertigstellung und Abschluss der Vermarktung des vollständigen Projektes wieder länger. 
Auch im dritten Quartal führte der hohe Nachfragedruck seitens institutioneller Anleger, die in das Wohnsegment drängen, dazu, dass zahlreiche große Neubauprojekte gesamthaft an Investoren verkauft wurden. Daher kommen mehr Miet- und weniger Eigentumswohnungen auf den Markt, und auch das Angebot an Einheiten, die als Vorsorgewohnung für private Anleger geeignet sind, wird tendenziell geringer.
Im Segment Altbau ist die Verunsicherung über die geänderten Rahmenbedingungen – Stichworte ­restriktivere Lagezuschläge, Unverbindlichkeit der Lagezuschlagskarte, Abbruchbestimmungen – nach wie vor zu spüren. Hier bleibt abzuwarten, wie die zukünftige Regierung aussehen wird und welche Themen im Arbeitsprogramm zu finden sein werden.

Angebotsentwicklung

Der September ist traditionell einer der besonders starken Monate für den Wohnungsmarkt. Das dritte Quartal konnte nahtlos an die hohen Fertigstellungszahlen des ersten Halbjahrs anschließen, insgesamt waren heuer damit bereits rund 8.000 Wohnungen neu bezugsfertig. Dabei dominierten ganz klar große Projekte. 
Die Zahl der im Zuge von Dachbodenausbauten und Nutzung von Baulücken in zentraleren Lagen errichteten Wohnungen entwickelte sich vergleichsweise moderat. Unter anderem waren dafür die extrem hohen Baupreise in den Vorperioden verantwortlich, weswegen zahlreiche Projekte verschoben oder zeitlich gestreckt wurden. Diese Maßnahmen der Entwickler schlagen sich aktuell in einer geringeren Fertigstellungszahl nieder.

Nachfrageentwicklung

Die Nachfrage nach Wohnraum blieb auch im dritten Quartal auf stabil hohem Niveau. Aus dem für das Gesamtjahr 2019 erwarteten Bevölkerungswachstum von 11.000 Personen resultiert bei der durchschnittlichen Haushaltsgröße von zwei Personen ein Zusatzbedarf von 5.500 Wohnungen. Wenn die durchschnittliche Größe der ca. 910.000 Haushalte in Wien auch nur um 0,01 Personen zurückgeht, ergibt das einen zusätzlichen Bedarf von ca. 4.000 Wohneinheiten. Im Hinblick auf die Wohnungsgrößen zeichnet sich eine gewisse Änderung ab. Während zur Miete weiterhin vor allem Einund Zweizimmerwohnungen gesucht werden, geht der Trend bei selbstgenutzten Eigentumswohnungen wieder stärker in Richtung Drei- und Vierzimmerwohnungen.
Erfreulich ist, dass die Wohnungen in den Stadtentwicklungsgebieten grundsätzlich gut angenommen werden. Wenn in einer neuen Wohnlage entsprechende Lebensqualität gegeben ist (insbesondere eine adäquate Infrastruktur mit Schulen, Kindergärten, Freizeit- und Einkaufsmöglichkeiten) sind die Wohnungssuchenden bereit, dorthin zu übersiedeln. Offenbar folgt hier die Nachfrage dem Angebot.

Preisentwicklung

Die Verschiebung des Angebots an Neubauwohnungen vom Eigentums- in das Mietsegment hat zu einer recht differenzierten Preisentwicklung auf dem Wiener Wohnungsmarkt geführt. Wegen des höheren Angebots an Mietwohnungen sind in diesem Segment aktuell nur Preissteigerungen im Bereich der (sehr niedrigen) Inflationsrate (aktuell rund ein Prozent) durchsetzbar. Bei Eigentumswohnungen ist die Entwicklung weit dynamischer, und im Jahresabstand liegen die Zuwächse bei rund 3,5 Prozent. Im Vergleich zu Alternativveranlagungen wie z. B. Spareinlagen oder festverzinslichen Wertpapieren ist das weiterhin sehr positiv, auch wenn die Zuwächse damit wesentlich moderater ausfallen als in den Vorjahren.

Ausblick

Die Perspektiven für den Wiener Wohnungsmarkt sind aus heutiger Sicht weiterhin sehr gut. Die Prognosen für die demographische Entwicklung gehen kurz-, mittel- und langfristig von einem anhaltenden Bevölkerungswachstum aus, und die Haushaltsgrößen werden weiter leicht sinken. Diese beiden Faktoren sorgen für eine stabile Basisnachfrage nach zusätzlichem Wohnraum. Zusät